Schriftrolle der Schattenmagie

verfasst von Anne n’Nym
unbekannte Schülerin eines Schattenmeisters
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Suchender, schweig still und schenke diesem Schriftstück deine volle Aufmerksamkeit anstelle des Namens des Verfassers! Er ist bedeutungslos. Lass dich nicht davon in die Iree führen, es ist nicht mein richtiger. Konzentriere dich auf meine Schriften. Denn was du hier in Händen hältst, kann und wird dein Leben verändern, sofern du dem Licht den Rücken kehrst und schattenhaftere Züge annimmst.

Was du in Händen hältst, ist das Ergebnis jahrelanger Spionagearbeit einer wahren Meisterin ihres Fachs. Mein wahrer Name steht nicht zur Debatte, er lockt nur noch mehr verhasste Feinde auf meine zwielichtigen Spuren. Es reicht, wenn du weißt, dass du meine Aufzeichnungen über eine der wohl düstersten Magiearten in deinem Besitz weißt: meine Chronik über die Schattenmagie. Inwieweit du in die Kreise der Finsternis herabsteigst, weiß nur die Zukunft, doch solltest du es wagen. Macht über Schatten und Dunkelheit erwarten dich und ich bin nicht wie mein alter Lehrmeister, der sie nur den Dieben und Halunken mit finsteren Gedanken offenbaren wollte. Es gibt auf Celcia zu viel Licht, zu wenig Schatten, daher reih dich ein, lese und lerne.

Die Schattenmagie teilt sich auf in die sechs Kreise der Finsternis, deren Aneignung von Kreis zu Kreis anspruchsvoller wird. Ich kenne wahrlich niemanden außer meinem alten Meister, der sich selbst Geliebter der Finsternis – Rangtitel des innersten Kreises – nennen darf, doch vielleicht bist du der nächste?

1. Kreis: Freund des Zwielichts

Jeder junge Novize der Dunkelheit muss sich mit gewissen Basiskenntnissen vertraut machen. Da die meisten Lehrlinge der Schatten auch jenen entspringen – also Diebe, Gejagte und Verdammte sind – ist eine erste magische Entwicklung ihrer ansonsten bereits angelernten Fähigkeiten ein idealer Einstieg.

Auge des Mondes
Dieser Zauber ist wohl jedem Schattenmagier bekannt. Er verhilft, in absoluter Dunkelheit zu sehen, als sei heller Tag. Selbst Rassen, denen eine gewisse Dämmerungssicht angeboren ist, verzichten nicht darauf diesen Zauber zu lernen. In geschlossenen Räumen entfaltet er seine wahre Wirkung. Bei Nacht auf weiter Fläche ermöglicht das Auge des Mondes nur begrenzt weite Sicht in Dunkelheit.

Freunde in den Schatten
Ein illusionärer Zauber der Schattenkünste, der sich der Einschüchterung der erwählten Opfer bedient und das Selbstbewusstsein des Schattenmagiers stärkt. Freunde im Rücken stehen zu haben, selbst wenn es nur schattenhafte Illusionen sind, kann ermutigen. Nichts Anderes erschafft dieser Zauber. Er lässt in dunklen Stellen rot glühende Augen aufleuchten, die nur das Opfer sehen kann. Es glaubt, der Schattenmagier habe finstere Wesen in der Dunkelheit auf seiner Seite, was eine Diskussion oft zu Gunsten des Magiers ausfallen lässt, da sich sein Opfer in die Enge gedrängt fühlt.

Kleines Schattentheater
Ein beliebter Zauber schattenmagischer Diebe, mit denen sie Schatten ihrer Umgebung formen und “tanzen” lassen können. Diese Schatten dürfen maximal die Größe eines ausgewachsenen Wolfes haben,sonst sind sie unkontrollierbar. Viele Magier spielen Tavernengästen auf diese Weise ein fröhliches Theaterstück vor, während ihre Hände in den Taschen der Zuschauer verschwinden.

2. Kreis: Freund der Nacht

Im zweiten Kreis haben die jungen Magier das Licht bereits hinter sich gelassen und erkannt, dass es der größte Feind der Schatten ist. Als Freunde der Nacht lernen sie nun neben Verbesserung ihrer hinterlistigen Fähigkeiten auch sich zu konzentrieren.

Auge des Diebes
Dieser Zauber kann nur in geschlossenen Räumen angewandt werden, da sich in offenem Gelände nicht alle Schatten von einem einzigen Magier erfassen lassen, so stark er auch sei. Mit dem Auge des Diebes sieht der Magier sämtliche Schatten in einem Raum und erhält somit Auskunft über Personen und Gegenstände. Der Magier muss mindestens eine angrenzende Wand oder Tür des dahinter befindlichen Raumes berühren, um den Zauber auch auf Zimmer anzuwenden, in denen er sich selbst nicht befindet.
Schatten innerhalb eines Objektes (beispielsweise Gegenstände in einem Behälter) können nicht erspürt werden. Dieser Zauber erfordert Konzentration, weshalb der Magier ihn während eines Kampfes oder wilder Panik in seiner Umgebung nicht anwenden können wird.

Schattenmantel
Der Magier erschafft aus ihn umgebenden Schatten einen Mantel aus fließender Schwärze, grauem Zwielicht und Verhüllung. Dieser kann wie ein einfaches Kleidungsstück von jedem getragen werden, hüllt den Träger jedoch in ein Tarnbild, das diesen wie mit den Schatten verschmelzen lässt. Ein perfekter Fluchtzauber für den Dieb in Bedrängnis, da er mittels dieses sagenhaften Mantels in dunklen Räumen nahezu unsichtbar wirkt.

Dunkelheit
Der Schattenmagier erzeugt eine kleine halbkugelförmige Kuppel aus Dunkelheit um das Ziel. Er kann sich auch selbst als Ziel auswählen. In dieser Kuppel herrscht Dunkelheit, als sei darin auf magische Weise Nacht erzeugt worden.
Magisches Feuer oder schon durchschnittliche Lichtmagie erhellen die Zone allerdings und lassen die Kraft der Dunkelheit schwinden. Rassen, die ohnehin im Dunkeln sehen können, werden durch diesen Zauber nicht unbedingt behindert. Gegen einfache Stadtwachen ist er jedoch sehr nützlich.

3. Kreis: Freund der Schatten

Als Freund der Schatten und somit Magier innerhalb des dritten Kreises der Finsternis werden dem Lehrling Tore in alle Bereiche der Schattenmagie geöffnet. Somit erlangt er erste Einblicke und Vorstellungen, was ihn in tieferen Kreisen erwartet.

Schlüssel aus Zwielicht
Ist eine Tür oder beispielsweise eine Truhe verschlossen worden, so kann der Magier mittels dieses Zaubers einen Schlüssel aus den Schatten im Schlüsselloch erschaffen, der ihm Tür und Tor öffnen kann. Da dies eine Menge Konzentration erfordert, muss absolute Stille herrschen. Außerdem kann es bis zu zwei Stunden dauern, den passenden Schlüssel aus den Schatten heraus nachzuformen.
Sobald stärkeres Licht als das einer einzigen Kerze auf den magischen Schlüssel trifft, verflüchtigt sich dieser wie Qualm und ist fort.

Schattenhaftes Nichts
Kein denkendes Wesen (nicht einmal Tiere oder Pflanzen) greifen den Zauberer an, solange er den Zauber aufrecht erhält und sich nicht bewegt. Für sie gilt der Magier als ein Teil der Umgebung, der genauso wenig von Interesse ist wie beispielsweise der Schatten eines Spinnennetzes im Gebälk. Bei Spionen ist dieser Zauber sehr beliebt.
Sobald sich der Mager jedoch heftiger bewegt als nur zu atmen oder zu blinzeln, ist der Zauber ausgehaucht und nur noch ein Schatten seiner selbst.

Schattenmagiers Warnung
Dieser Zauber dient erneut der Einschüchterung. Er lässt die schattenhaften Anteile der eigenen Gesichtszüge auf grausige Weise hervor stechen. Es ist der erste Schritt, einen anderen vor der Macht des Schattenmagiers zu warnen, doch kann der Zauber bei einigen bereits mehr bewirken. Die geschaffene groteske Maske des eigenen Gesichts kann für den, der sie sieht, so entsetzlich sein, dass dieser wie gebannt ist und kaum noch einen klaren Gedanken fassen kann. Unbehagen schleicht sich in den Geist des Opfers und er fühlt sich allein wie in völliger Dunkelheit, umgeben von unheimlichen Schatten und Finsternis.

4. Kreis: Gefährte der Dunkelheit

Im vierten Kreis der Finsternis ist es dem Magier bereits möglich, seinen eigenen Schatten zu beherrschen oder sich selbst in erste Schatten zu hüllen, um Spuren zu verwischen und den Geist seiner Feinde zu benebeln. Außerdem lernt er eine neue Form der Angst kennen und muss bereit sein, sich ebenso mit seinen Ängsten zu konfrontieren.

Schatten deiner Seele
Dies ist ein Zauber, der das Opfer des Magiers mit seinen eigenen Ängsten, Schrecken seines Lebens und Zweifeln seines Selbst konfrontiert. Dazu muss der Schattenmagier sein Opfer berühren, am besten an der Stirn, da dieser Zauber Einfluss auf den Verstand nimmt. Auch muss der Schattenmagier sich mit seinen eigenen Ängsten kurz konfrontieren, denn mit diesen nährt er den Zauber, bis sich die Angst in seinem Opfer ausbreitet.
Das Opfer verfällt dann für die Dauer der Berührung und darüber hinaus seiner eigenen Angst, quält sich damit und ist zu nichts Anderem mehr in der Lage. Oftmals schreien die Gepeinigten oder kauern sich wimmernd zusammen.

Schattenmaske
Der Magier legt eine Illusion über sein Gesicht und schafft sich eine beliebige Maske, die dem Gesicht eines anderen gleicht. Der Magier muss die Person schon einmal gesehen haben und auch ihren Namen kennen, denn diesen muss er im Geiste solange wiederholen, bis sein Gesicht sich verändert hat. So kann er das Gesicht eines anderes Geschlechts oder gar einer anderen Rasse annehmen. Diese Magie ist nur durch gute Lichtmagie zu durchschauen.
Seltsamerweise entwickeln die meisten Masken auf die Dauer einen merkwürdigen Einfluss auf den Träger. Je häufiger er diesen Zauber anwendet, desto mehr entrückt er sein eigenes Selbst. Wird der Zauber über einen Zeitraum von länger als zwei Stunden gewirkt, so verfällt der Magier nach Ende der Wirkung wie in Trance. Er muss sein eigenes Selbst in dieser Zeit wieder zum Besitzer seines Körpers machen, was ihn schwach, angreifbar und apathisch werden lässt, bis er “sein Gesicht” wiedergefunden hat.

Schattenwächter
Der Magier wählt einen umliegenden Schatten aus und verleibt ihm einen gewissen Teil seiner eigenen Lebensenergie ein. Der Schatten erhebt sich, kann sich maximal 500 Meter von seinem ursprünglichen Platz fortbewegen, ist aber sehr schnell. Er lässt sich nicht verformen und das Objekt wird während der Wirkungsdauer des Zaubers keinen Schatten besitzen. Der Schattenwächter wird auf neue Schatten, die in sein Schutzgebiet treten, aufmerksam, kann diese aber nicht angreifen, sondern nur seinen “Herren” warnen.
Ein solcher Zauber endet spätestens nach 24 Stunden, was den Magier aufgrund der Länge des Aufrechterhaltens die Hälfte seiner Lebensenergie kosten kann.

5. Kreis: Gefährte der Finsternis

Die meisten fertig ausgebildeten Schattenmagier erreichen maximal diese Stufe ihrer Künste, doch können sie stolz auf sich sein. Sich im fünften Kreis der Finsternis zu befinden bedeutet, mit den Schatten umgehen zu können und sie unter den eigenen Willen zu zwingen.

Finsternis
Der Schattenmagier erzeugt eine Zone absoluter Schwärze und Dunkelheit, die nur mittels Lichtmagie eines gleichwertigen Magiers erhellt werden kann. Die Größe dieser Zone kann er selbst bestimmen, jedoch ist sie auf die Größe eines zweistöckigen Gebäudes begrenzt. Nur Schattenmagier mit meisterlichen Kenntnissen sollen schon ganze Städte in Finsternis gelegt haben.
Nicht einmal Rassen, die üblicherweise im Dunkeln sehen können, finden sich in dieser Finsternis zurecht. Daher legt der Magier vorher auf sich selbst auch einen Auge des Mondes, denn auch er ist von den Auswirkungen der Finsternis betroffen.

Schleier aus Schatten
Der Magier hüllt sich in einen schattenhaften magischen Schleier. All jene, mit denen er sich unterhält oder denen er während Tragen des Schleiers begegnet, können sich später kaum noch an seine Gestalt erinnern. Sie wirkt verschwommen und verblasst, sobald sie versuchen, sich stärker an den Magier zu erinnern. Selbst unter Folter werden sie sich nicht an das Aussehen des Magiers erinnern können. Nur eine magische Befragung eines sehr guten Licht- oder Schamanenmagiers, der in die Seele des Verzauberten blickt, mag die Wahrheit erkennen können.

Schattentanz
Dieser Zauber ist der ganze Stolz ausgebildeter Schattenmagier. Mit ihm können sie Schatten in ihrer Umgebung nach Wunsch formen und auch tanzen lassen. Dabei ist es nicht mehr wichtig, wie groß die Schatten sind, der Magier kann nach Belieben bestimmen. Jedoch schwächt es auch sehr, die Schatten tanzen zu lassen, da der Magier ihnen immer einen kleinen Teil seiner eigenen Kraft einverleibt. Außerdem kann der Schattenmagier den eigenen Schatten “zum Leben erwecken”. Ein solcher Schatten dient dem Magier, indem er losziehen und Informationen beschaffen oder aber auch ihm im Kampf beistehen kann.
Während der Schatten ein vom Magier beherrschtes Eigenleben führt, besitzt selbiger keinen Schatten, was an Orten mit vielen aufmerksamen Wesen durchaus auffallen und zu Problemen führen kann.
Sollte der lebende Schatten durch mächtige Lichtmagie (seltener Feuermagie) gebannt oder gar ausgelöscht werden, dauert es mindestens drei Tage, bis dem Magier ein neuer Schatten “nachgewachsen” ist. In dieser Zeit fällt es ihm deutlich schwerer, seine Magie anzuwenden, da er sich entkräftet und von Zweifeln erfüllt fühlt.

6. Kreis: Geliebte/r der Finsternis

Ich selbst kannte nur meinen Lehrmeister, der sich in diesen Kreis der Finsternis hat erheben können. Ein solcher Schattenmagier verfügt über große Macht und kann sämtliche Zauber niedriger Kreise mit gewisser Leichtigkeit sprechen. Doch sind diese Magier oft so tief in die Finsternis getaucht, dass sie Gegner unterschätzen mögen. Aber wer würde das angesichts der eigenen Kraft auch nicht tun?
Es gelang mir nur einen einzigen Zauber dieses Kreises zu entdecken. Es mögen noch mehr existieren, doch sind mir diese verwehrt geblieben.

Schattenmeister
Einer der wohl stärksten Zauber eines Schattenmagiers. Er kann sich selbst und seine Ausrüstung zu einem Schatten machen und sich so beispielsweise auch innerhalb kleinerer Schatten verstecken (oder durch den Schatten einer Türritze gleiten).
Er ist in der Lage, sich in Schattengestalt zu formen, so dass er auch den Schatten einer Bestie oder eines Gegenstandes annehmen kann.
Doch Vorsicht ist bei diesem Zauber geboten. Normales Licht vermag den Schattenmeister zwar nicht zu schwächen (er kann noch immer in seiner Schattenform andere Zauber wirken), aber das magische Licht eines mächtigen Anwenders der Lichtmagie kann den Schattenmeister vollkommen auflösen … so sind schon einige Meister dieser Kunst für immer in den Schatten verschwunden, heißt es.

Meinem Lehrmeister selbst erging es so, als eine Schar Lichtmagier ihn entdeckte. So konnte ich seiner Strenge und Hartherzigkeit zwar entkommen, aber ohne ihn war es mir nicht mehr möglich, mich in der Kunst der Schattenmagie zu verbessern. Ich notierte alles, was ich wusste und hinterließ diese Abschrift. Seitdem ziehe ich durch Celcia, auf der Suche nach mehr Macht. Vielleicht kreuzen sich unsere Wege eines Tages … du wirst wissen, dass ich es bin und dann kannst du mir danken, gelehriger Leser.